Union kritisiert Kirchenasyl: „Über Asyl entscheidet allein der Rechtsstaat“

Die Bundestagsfraktion der Union hat mit Skepsis auf den Anstieg der Kirchenasyl-Zahlen in Deutschland reagiert. „Humanitäres Engagement der Kirchen verdient Respekt, aber über Asyl entscheidet allein der Rechtsstaat“, sagte der innenpolitische Fraktionssprecher Alexander Throm (CDU) der Berliner Zeitung.
Einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge waren im vergangenen Jahr 2386 Fälle von Kirchenasyl registriert worden. Das Blatt bezieht sich auf Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), wonach die Zahl zuletzt deutlich angestiegen war. So seien es im Jahr 2023 noch 2065 Fälle gewesen – also rund 300 weniger.
Meistens soll es sich dabei um sogenannte Dublin-Fälle handeln, womit eigentlich ein anderer EU-Mitgliedstaat für das Asylverfahren zuständig wäre. Die Personen würden also in ein sicheres Land zurückgeführt werden. Das Kirchenasyl erschwert dies jedoch erheblich. Nur bei 39 Fällen hätte eine Rückführung in einen Staat außerhalb der EU angestanden, berichtet die Bild.
CDU-Politiker: „Humanitäre Fragen stellen sich also gar nicht“Normalerweise wird Kirchenasyl nur in Härtefällen gewährt. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) spricht von einer vorübergehenden „Aufnahme von Geflüchteten durch eine Kirchengemeinde, um eine als lebensbedrohlich empfundene Abschiebung zu verhindern und eine erneute behördliche Überprüfung des Asyl-Verfahrens zu bewirken“.
Es zeige sich, „dass sich einige Vertreter der Kirchen – nicht alle – immer wieder über das Gesetz stellen“, sagte der CDU-Politiker Throm. „Dabei geht es hier um eine Überstellung an den zuständigen Staat innerhalb der EU, humanitäre Fragen stellen sich also gar nicht.“ Der Unionspolitiker spricht sich dafür aus, das Kirchenasyl noch einmal grundsätzlich zu prüfen. Auch der Migrationsforscher Daniel Thym sagte der Bild-Zeitung: „Es ist mir moralisch unverständlich, warum die Kirchen Abschiebungen in andere EU-Staaten verhindern.“
Wie die Bild berichtete, könnten die drei Somalier, die kürzlich vor dem Berliner Verwaltungsgericht erfolgreich gegen ihre Zurückweisung klagten, ebenfalls Kirchenasyl bekommen. Demnach wurden sie von der EKD in einem Berliner Pfarrhaus untergebracht. Die EKD wollte das nicht kommentieren. Auch auf eine Anfrage der Berliner Zeitung teilte ein Sprecher mit, man werde sich nicht zu dem Bericht und „den darin enthaltenen Mutmaßungen“ äußern. Der evangelische Berliner Bischof Christian Stäblein hatte sich mit den Somaliern getroffen und sprach anschließend von „sehr jungen Menschen, die schwer an dem tragen, was sie in ihrer Heimat und auf der Flucht erfahren haben“.
Das Landesamt für Flüchtlinge betonte gegenüber der Bild, die Somalier seien „im Berliner Ankunftszentrum Asyl gemeldet und nehmen selbstverständlich alle Termine bei den Behörden wahr“. Der Fall sorgte für Aufmerksamkeit, da Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) zuvor die Bundespolizei beauftragte hatte, auch Asylbewerber an den deutschen Außengrenzen zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht entschied, dass die Somalier Anspruch auf eine Dublin-Verfahren in Deutschland hätten.
Die drei Personen – zwei Männer und eine mutmaßlich erwachsene Frau – waren aus Polen mit dem Zug nach Deutschland eingereist. Am Bahnhof der Grenzstadt Frankfurt (Oder) gaben sie an, dass sie Asyl beantragen wollten. Sie wurden aber noch am selben Tag nach Polen zurückgewiesen. Die Bundespolizei begründete das damit, dass sie aus einem sicheren Drittstaat eingereist seien. Das Verwaltungsgericht Berlin hat daraufhin in einer Eilentscheidung festgestellt, die Zurückweisung bei der Kontrolle sei rechtswidrig. Ohne eine Klärung, welcher EU-Staat für einen Asylantrag der Betroffenen zuständig sei, dürften sie nicht abgewiesen werden. (mit AFP/dpa)
Berliner-zeitung